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Lot n° 3002

FILIPPINO LIPPI (Prato 1457– 1504 Florenz) Heiliger...

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FILIPPINO LIPPI (Prato 1457– 1504 Florenz) Heiliger Benedikt. Um 1470–75. Öltempera auf Holz. Unten mittig bezeichnet: SACTUS BENEDICTUS. 63,3 × 23,3 cm. Gutachten: Mina Gregori, 26.7.2004, als Filippo Lippi um 1440 (in Kopie vorhanden). Provenienz: - Privatsammlung, Florenz. - Auktion Geri, Mailand, 23.3.1932, Los 51 (als Filippino Lippi) (Abb. 1). - Europäischer Privatbesitz. Mit einer ausführlichen kunsthistorischen Analyse von Prof. Dr. Gaudenz Freuler, Februar 2021. In Angleichung an die Praxis der Renaissance Wandfiguren in eine oben in Muschelform abgeschlossene Konchennische gestellt und frontal dem Betrachter zugewandt, erscheint in weissem Habit der Gründer des monastischen Lebens, Sankt Benedikt. In seiner Rechten hält er als traditionelles Attribut seine Rute und mit der linken Hand ein rotes Buch. Bestätigt wird seine Identität durch die in goldenen Lettern auf die Sockelleiste aufgemalte Inschrift SA(N)CTUS BENEDICTUS. Die zierliche Tafel erscheint als typisches Kleinod der grossen florentinischen Renaissance Kunst und vereint in sich die essenziellen Ingredienzen der neuen humanistischen Bildwelt dieser Stadt. Dies gilt äusserlich für die szenische Umrahmung über antikisierende Architekturelemente, sowie für eine subtile Lichtführung, ausgewogene Proportionen, in sich ruhende Gestalten und eine natürliche, sensible und deshalb klar verständliche Charakterisierung der Emotionen. Die vorliegende noch unveröffentlichte Tafel mit der Figur des Heiligen Benedikt wurde 1932 in Mailand (Geri, 23.3.1932, Abb. 1) zusammen mit einer weiteren, den Heiligen Maurus darstellenden Tafel, als Werk des Filippino Lippi versteigert (siehe Vergleichsbeispiele Analyse Freuler, 02.2021, fig. 1). Diese beiden Gemälde waren womöglich Teile des Rahmungssystems einer grossen Renaissance Pala oder könnten Elemente eines Sakristei-Schranks gewesen sein. Der weisse Habit der beiden Benediktinerheiligen deutet auf eine Herkunft aus einer Klosterkirche eines der benediktinischen Ordenszweige, womöglich der Kamaldulenser oder der Olivetaner. Die im Katalog der Galeria Geri (1932) für die beiden Heiligenfiguren vorgeschlagene Erstzuschreibung an Filippino Lippi, den Sohn des ebenso berühmten Fra Filippo Lippi (1406–1469) wurde später von Mina Gregori in einem 2004 verfassten Gutachten zurückgewiesen. Dennoch erkannte auch Gregori den künstlerischen Zusammenhang mit dem Milieu der Lippi, auch wenn sie die Tafel nicht Lippis Sohn, sondern dem Vater Filippo Lippi selbst zuschrieb. Im Weiteren deutet die äusserst feine Qualität der Tafel auf einen führenden Exponenten der florentinischen Renaissance Malerei zur Mitte des 15. Jahrhunderts hin. Die vorzügliche künstlerische Qualität der Tafel zeigt sich allein schon an der eleganten in sich ruhenden Erscheinung des Heiligen, gleich wie seine Integration in die räumlich und durch eine feine diffuse Lichtführung gekonnt artikulierte Renaissance Konchennische eine bemerkenswerte Meisterschaft erahnen lässt. Die Typologie der Figuren in Konchennischen, wie sie durch unseren Benedikt verkörpert wird, steht in einer längeren Tradition der florentinischen Renaissancemalerei. Sie geht zurück auf einen Prototyp, wie er sich in Lorenzo Ghibertis (um 1378–1455) Zeichnung für seinen Stephanus an der Aussenwand von Or’ San Michele (Paris Louvre, siehe Freuler, fig. 2) verwirklicht findet. Dieser Prototyp verdichtet sich in der Folge zu einem gängigen Motiv der florentinischen Renaissance-Malerei. Während Ghiberti und Lippi in ihren frühen Darstellungen die Nische in starker Aufsicht konzipiert hatten, so wählten unser Maler und später die Maler der Papstdarstellungen in der Cappella Sixtina in Rom (siehe Freuler, fig. 5) einen natürlicheren, tiefer angesetzten Augenpunkt. Diesbezüglich erscheint unsere Interpretation auch hinsichtlich der muschelförmigen Konche und der Akanthuspalmetten Ornamentik nachgerade als Vorläufer für die berühmte Ahnenreihe der Päpste in Rom (1481 ff.). Zweifellos darf unsere Tafel nicht so spät angesetzt werden wie die Papstserie in Rom, denn der Figurenstil des Benedikt weist noch zurück auf die früheren künstlerischen Errungenschaften der Florentiner Malerei, insbesondere in das künstlerische Milieu Filippo Lippis. Wie Mina Gregori in ihrem Gutachten richtig erkannt hatte, sind in unserer Heiligenfigur Anklänge an Lippis Malerei um 1440 festzustellen, die im Zeichen seiner Auseinandersetzung mit der Lichtmalerei Domenico Venezianos (um 1410–um 1461) stand. Die Modellierung des Gesichts unseres Benedikt lässt jedoch eine Leuchtkraft erkennen, die sich von Filippo Lippis meist etwas rauchigeren, in gleissendes Licht gesetzten Oberflächen, unterscheidet (siehe Freuler, fig. 6) und in eine Malerei zu münden scheint, die mit den Anfängen der nachfolgenden Malergeneration Filippino Lippis, Sandro Botticellis (um 1445–1510) und Domenico Ghirlandaios (um 1449–1494) zusammenfällt.